| Abstract: |
Mit diesem Policy Brief beleuchten wir den geopolitischen Einfluss auf die
Entwicklungspolitik im indopazifischen Raum. Zunächst geht es um die
Entstehung von Strategien zum Umgang mit dem Indopazifik und deren
Überschneidungen mit geo- und entwicklungspolitischen Ansätzen traditioneller
Entwicklungsakteure wie den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union.
Dann untersuchen wir, wie diese Narrative die entwicklungspolitischen Ansätze
von China und Indien prägen. Im Anschluss erörtern wir, wie sich diese Dynamik
in Schlüsselregionen des Indopazifiks, insbesondere in Südostasien, Südasien
und auf den pazifischen Inseln, auswirkt. Wir erklären, warum der Wettbewerb
zwar Chancen für diese Regionen bietet, positive Entwicklungsergebnisse sich
aber nur dann erzielen lassen, wenn diese Chancen strategisch genutzt werden.
Traditionell hat die Geopolitik immer Einfluss auf Entwicklungsdebatten und
die Entwicklungspolitik gehabt, ein Fakt, der auch künftig Bestand haben
dürfte (Power, 2019; Liao & Lee, 2022). Mit Chinas globalem Aufstieg im
letzten Jahrzehnt hat sich der geopolitische Wettbewerb auf wirtschaftlicher,
strategischer und geopolitischer Ebene verstärkt. China wird zunehmend als
Konkurrent traditioneller globaler und regionaler Mächte - etwa der
Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, Japans oder Australiens -
wahrgenommen. In Reaktion darauf entstanden neue Strategien, um diesen
Aufstieg zu lenken, ihn zu neutralisieren oder ihm entgegenzuwirken. Eine der
Folgen dieser Entwicklung ist, dass die entstehenden Rahmenbedingungen und
Strategien rund um den Indopazifik mittlerweile den Diskurs über die globale
Geopolitik, einschließlich der Entwicklungspolitik, stark beein-flussen oder
sogar dominieren. Der starke geopolitische Wettbewerb hat dazu geführt, dass
Entwicklungspolitik zu einem umkämpften Thema geworden ist. Die Triebkräfte
dieser Dynamik sind der rasante Aufstieg Chinas sowie die darauffolgende
Entwicklung von Strategien für den Indopazifik, die diesem Aufstieg
entgegenwirken sollen. Während dieser Wettbewerb zwischen und innerhalb von
Ländern und Regionen zu Spaltungen führen kann, kann er auch zu mehr
Multipolarität, mehr Eigenverantwortung der Part-nerländer und zu einem
positiven Wettbewerb um Ergebnisse im Entwicklungsbereich führen. Der
Wettbewerb und die zahlreichen damit verbundenen neuen Strategien, Ressourcen
und Initiativen können Partnerländern die Möglichkeit bieten, sich Ressourcen
und Zusagen für ihre eigene Entwicklungsagenda zu sichern. Anstatt "gezwungen"
zu sein, sich für eine Seite zu entscheiden, können Länder und Regionen
versuchen, den geostrategischen Wettbewerb zu ihrem Vorteil zu nutzen - und
tun dies bereits. Der Wettbewerb bietet Optionen und die Chance, an
Entscheidungen teilzuhaben. Die Übernahme von Verantwortung für diese
Strategien und Ressourcen sowie deren Steuerung können für die Partnerländer
und -regionen jedoch eine große Herausforderung darstellen. Eine mögliche
Lösung sind Absicherungsstrategien (Hedging), die aber auch Risiken bergen,
vor allem, wenn politische Entscheidungen plötzlich alles verändern und
Entwicklungserfolge in der Folge gefährdet werden. Zwar gibt es eine Fülle von
Strategien für den indopazifischen Raum, die Visionen und Wege aufzeigen, wie
internationale und regionale Mächte die wirtschaftlichen, diplomatischen,
sicherheits- und entwicklungspolitischen Beziehungen zu den Ländern des
indopazifischen Raums stärken sollten. Allerdings ist es an den
indopazifischen Ländern selbst, eigene Strategien zu entwickeln, die Visionen
und Ziele für die Zusammenarbeit mit Großmächten und anderen Akteuren
enthalten, die sich um ihre Partnerschaft bemühen. |