Abstract: |
Angesichts der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Unsicherheit über
die zukünftige Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft verglichen mit der
Vergangenheit außerordentlich hoch. Langfristige Projektionen der
wirtschaftlichen Entwicklung sind heute nur unter erheblichem Aufwand seriös
möglich. Vor diesem Hintergrund zielt dieser Beitrag darauf, Leitplanken im
Prognosenebel zu beschreiben. Mit dem Modell INFORGE werden auf Basis einer
Prognose für das Jahr 2009, die die Konjunkturpakete der Bundesregierung
berücksichtigt, zwei denkbare mittelfristige Entwicklungslinien in einem
konsistenten gesamtwirtschaftlichen Rahmen beschrieben, die sich nur durch
Annahmen über die weltwirtschaftliche Entwicklung in den Jahren 2010 bis 2013
unterscheiden. Das optimistische Szenario geht davon aus, dass sich die
Weltwirtschaft im Jahr 2010 durch die massiven Konjunkturprogramme der
führenden Industrienationen und durch Etablierung einer neuen
Finanzmarktarchitektur schnell erholen wird und damit auch die deutschen
Exporte wieder deutlich wachsen werden. In der pessimistischen Variante
vertieft sich die Weltwirtschaftskrise im kommenden Jahr weiter. Selbst wenn
die Weltwirtschaft danach langsam wieder Tritt fasst, wird es bis 2014 dauern,
bis die deutschen Exporte wieder das Niveau des Jahres 2008 erreicht haben
werden. Die untersuchte Fragestellung ist so komplex, dass intuitive
Erklärungen durch „scharfes Nachdenken“ nicht mehr möglich sind. Nur
umfassende und zugleich ausreichend differenzierte Totalmodelle wie INFORGE
stellen sicher, dass die wesentlichen Zusammenhänge und Rückkopplungsschleifen
erfasst und nachvollzogen werden können. Die Ergebnisse sind einerseits
ernüchternd und andererseits beruhigend: Auch im besten Fall ist Deutschland
massiv von der Krise betroffen. Alle Bemühungen zur Konsolidierung der
öffentlichen Haushalte sind durch die Krise zunichte gemacht. Für
Wahlgeschenke ist kein Spielraum. Vielmehr ist es Aufgabe der Politik in der
kommenden Legislaturperiode, die Binnennachfrage zu stärken und trotzdem die
Verschuldung zurückzuführen. Umgekehrt droht in Deutschland selbst unter sehr
ungünstigen Bedingungen keine unbeherrschbare Situation. Auf dem Arbeitsmarkt
ist kein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit über das noch vor wenigen
Jahren erreichte Niveau hinaus zu erwarten. Die Neuverschuldung erreicht,
bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, keine neuen Höchststände, sodass die
Regierung auch im kommenden Jahr mit einem Konjunkturpaket III noch einmal
handeln könnte. |